Zwanzig Jahre Waldorfschule - ein Rückblick in Bildern

Blicke ich zurück auf zwanzig Jahre Waldorf, spüre ich, wie sehr ich mich mit dieser Schule verbunden gefühlt habe. Wir alle haben viel mitgenommen in 20 Jahren Waldorfkindergarten und Waldorfschule  - ohne die Schule und die Waldorfpädagogik, zu der unsere Schule  uns den Weg bereitet hat, wären wir nicht die, die wir heute sind. Dass wir uns dennoch verabschiedet haben, liegt nicht nur an Henris "Förderung" und dass die Vermittlung der Kulturtechniken dort keine Bedeutung hatte. Wir haben gute und sehr gewichtige Gründe, dass auch Amelie vom neuen Schuljahr an ein Gymnasium besuchen wird. Darauf werde ich im Rahmen dieser Seite jedoch nicht eingehen. 

Ist eure Waldorfzeit vorbei? wurde ich gefragt und mir war schnell klar, dass unsere Waldorfzeit nicht vorbei ist. Wir werden wohl immer "Waldorfer" bleiben und von daher möchte ich vorwegschicken, dass sich Kommentare im Tenor von Hätte ich euch gleich sagen können erübrigen . ;-)

 

Weil ich von Maries und Elias' Kindergarten- und früher Schulzeit keine digitalen Fotos habe, beginnt die Bilderschau  2006 - dem Jahr, in dem Henri als erstes behindertes Kind im Waldorfkindergarten aufgenommen wurde. 

 

November 2006

Henri und die Marmelade hat Charlotte Fischer das Foto oben rechts in ihren Tagesbildern genannt.

 

Eigentlich hatte ich kaum damit gerechnet, dass auch Henri den Waldorfkindergarten besuchen kann - umso mehr habe ich mich gefreut, dass es für die Erzieherinnen wohl schon klar war, als ich noch Elias mit Henri auf dem Arm abgeholt habe. Es war eine gute Zeit und ich bin heute noch dankbar, dass auch Henri den Kindergarten besuchen durfte. Übrigens hatte er keine Integrationshilfe und der Kindergartenalltag lief, auch wenn Henri nicht laufen konnte. 

 

 

November 2006

 Henri übt Schuheanziehen - in dieser Zeit habe ich auch durch Charlottes Tagesbilder einen Eindruck vom Kindergartenleben bekommen. 

 

 

Dezember 2006 - Henris erster Adventsbasar als Waldorfkind

 

 

Juni 2007 - Was für eine Hingabe und Freude beim Waldorfkindergarten-Sommerfest ❤️!

 

 

Februar 2009 - Fasching im Kindergarten

Nun sind es zwei Geschwisterkinder. Henri ist in der Schreinerei tätig und Amelie bei den Filzern. 

Elias alias Poseidon (Götter ist das Thema dieser Klassenstufe) kommt als Gast.

 

 

Februar 2010

 Und wieder Fasching: Henri wirkt erst einmal bei den Bäckern, später auch in der Schneiderei. Und Amelie aus der Gärtnerei kostet ein Brötchen aus der Bäckerei.

 

 

Juni 2011- Henris letztes Sommerfest im Kindergarten

Es ist eine große Ehre und Freude, dass er beim Dornröschenspiel der Prinz sein darf. 

 

Juni 2011 - Prinz beim Dornröschenspiel 

Ein würdiger Prinz, hörte ich jemanden sagen.

 

 

Juni 2011 - Kindergartenabschied

Trotz bester Vorsätze... auch beim dritten Kindergartenabschied fließen (Mutter-)Tränen. So wie beim letzten Adventsgärtlein, von dem es natürlich keine Fotos gibt. Wochenlang waren Henri und die anderen Kinder damit beschäftigt, ihre Schulpuppe zu nähen. Und auch das Puppenbett hat Henri selbst gebaut.

 

 

Juni 2012 - Amelies Kindergartenabschied

Unser letzter Kindergartenabschied und das Loslassen fällt schwer.  

 

 

Juni 2015

Ein paar Jahre später. Mittlerweile ist auch Henri ein Waldorfschüler. Wir waren überglücklich, dass er nach seiner Grundschulzeit an der Montessorischule an unserer Schule aufgenommen wurde - noch dazu in der Klasse mit dem besten Klassenlehrer (dem wir nach seinem Weggang von der  Schule am liebsten gefolgt wären). Dass er nun in eine Klasse  mit der "kleinen" Schwester Amelie geht, liegt daran, dass er nicht nur später eingeschult wurde, sondern die vierte Klasse wiederholen durfte.  

 

 

2016

Es ist eine gute Zeit - was das Soziale betrifft. Henri fühlt sich wohl und wir haben noch keinen Gedanken daran, dass sich mit der nahenden Pubertät etwas ändern könnte. An Fasching ist Henri Poseidon wie der große Bruder Elias sieben Jahre zuvor. Auch wenn die Förderung ganz und gar nicht dem entspricht, was andere Kinder mit geistiger Behinderung an Förder- oder  Regelschulen lernen, haben wir keine Zweifel, dass Henri gut aufgehoben ist. Unten steht er beim Gilgamesh-Spiel auf der Bühne. Oben rechts seht ihr ihn am Johannifest. Jedes Jahr springt er mutiger über das Feuer!

 

 

Juni 2017

Unser letztes Sommerfest. Und dieses Jahr springt er zum ersten Mal ganz allein über das Johannisfeuer :-)! Nachdem zuerst Marie und im letzten Jahr auch Elias ihre Waldorfschulzeit mit Abitur beendet haben, haben wir nun noch unsere beiden "Kleinen" an der Schule. Dass wir mit unserem Eintreten für eine bessere Förderung jahrelang auf taube Ohren gestoßen waren, ist nur ein Grund, dass wir jetzt einen möglichen Schulwechsel ins Auge fassen. Genauso wichtig ist, dass Henri sich Freunde wünscht. Nachdem uns deutlich gesagt wird, dass wir nicht darauf hoffen können, dass in  der nächsten Zeit ein weiteres Kind mit geistiger Behinderung aufgenommen wird, ziehen wir erstmals den Besuch einer Förderschule in Erwägung.

 

 

Nachdem mein vorletzter Blogeintrag von einer JP bzw. JB mit belehrenden Rundumschlägen kommentiert  wurde (und Elias vermutlich richtig bemerkte, dass sie oder er vielleicht ausspricht, was andere, die nicht kommentieren, denken), soll hier noch einmal deutlich gesagt sein: Henris bisheriger Schulweg entsprach weitestgehend seinen Bedürfnissen - Er war lange Zeit glücklich und das ist das Wichtigste!  Dass wir nun den inklusiven Weg verlassen, bedeutet nicht, dass die letzten Jahre ein Irrtum waren. Es ist der Tatsache geschuldet, dass sich Bedürfnisse - wie bei jedem anderen Kind auch - im Lauf der Entwicklung verändern und wir es als unsere Pflicht ansehen,  dafür zu sorgen, dass Henri auch weiterhin ein zufriedeneres Leben führen darf. Die inklusive Beschulung  an Montessori- und später Waldorfschule hat ihm gut getan, vor allem auch, was das soziale Miteinander betrifft. 

Ein letztes: In diesem persönlichen Blog, der Henris und unser Familienleben mit ihm in unserer Mitte beschreibt, geht es nicht um Grundsatzfragen ... zum Beispiel, ob Inklusion "gut" ist oder Förderschule "besser". Dafür gibt es andere Seiten,  die für das  eine oder andere werben. Hier geht's um Henri.

Und aufgrund zahlreicher Nachfragen ein allerletztes ... Beide Henris haben Down-Syndrom und sind mittlerweile 16 Jahre alt.  Jedoch ist "unser Henri" nicht der, der - wie es immer wieder heißt - aufs Gymnasium sollte". ;-)

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Kommentare: 2
  • #1

    Gundula (Freitag, 03 August 2018 17:45)

    Ihr Lieben,

    Ich habe gerade ein bisschen ausführlicher Henris Seite durchstöbert. Da es nicht überall die Möglichkeit zu kommentieren gibt, mache ich das einfach mal hier. Ich bin unglaublich gerührt über das, was Henri und ihr schon medizinisch alles durchmachen musstet. Da wird der AVSD unserer Ronja wirklich zu einer Lappalie. Das meine ich ganz ernst. Was für eine Stärke, was für eine Liebe, was für eine Botschaft.
    Alles Liebe an Henri für seinen weiteren Weg.

  • #2

    henri-mittendrin (Sonntag, 05 August 2018 08:21)

    Liebe Gundula, danke für deine lieben Worte. Wir haben tatsächlich schon viel mit Henri durchgemacht - bei jeder Abweichung von der regulären Entwicklung, bei jeder neuen Diagnose hatte ich erst einmal das Gefühl, das schaffe ich nie. Und dennoch: Zusammen haben wir immer wieder auch kritische Situationen bewältigt und haben dann - oft mit dem Gefühl, zu neuem Leben erwacht zu sein - weitergemacht.Ich verfolge deinen Blog schon einige Zeit und kann mich gut einfühlen - vieles habe ich ganz ähnlich erlebt. Weiterhin alles Liebe für Ronja und eure kleine Familie!