Herzchen Henri

Die ersten Lebensmonate

Henri hat einen komplexen Herzfehler (Fallot'sche TetralogieAVSD, hypoplatsicher rechter Ventrikel, s.u.) und ist zwischen 2002 und 2013 bereits viermal am Herzen operiert wurden.                                      
                                                                                                                                


Eigentlich sollte er auf natürlichem Wege zur Welt kommen - aufgrund  der  Diagnose, die in der Schwangerschaft zunächst gestellt wurde, hielten die Ärzte eine normale Geburt für  möglich. Weil aber die Herztöne des Kleinen unter der Geburt so stark abfielen, wurde er dann aber doch per Kaiserschnitt entbunden.

Nachdem ich ihn ein paar Minuten im Arm gehalten hatte, wurde Henri auf die Kinderintensivstation gebracht - sein Papa hat ihn begleitet. Ausgestattet mit Sauerstoffbrille und Ernährungssonde war sein Zustand dort stabil - ein Begriff, der mir bis dahin vollkommen unvertraut war, während er jetzt DAS erlösende Wort nach jeder OP ist. Gerne hätte ich ihn wie die anderen Kinder voll gestillt, aber nach Meinung der Ärzte, war das Saugen eine zu große Belastung und so einigten wir uns auf "Stillen nach Plan": 10 Minuten stillen, danach Milch abpumpen und sondieren.

Die Komplexität und Schwere des Herzfehlers zeigte sich erst im Laufe der kommenden Wochen und Monate: Was in der Schwangerschaft noch als simpler AVSD/ AV-Kanal (betroffene Eltern mögen mir diesen flapsigen Ausdruck verzeihen) diagnostiziert wurde, wurde nach der Geburt um die Diagnose Fallotsche Tetralogie ergänzt. Henri war schon einige Monate alt, als nach einem Herzecho  eine weitere Diagnose hinzukam: Hypoplastischer rechter Ventrikel (Zitat:" Der rechteVentrikel ist doch "sehr eng").

 

7. November 2002: Blackock-Tausigg-Anatomose

Nach vier Wochen Kinderintensivstation im Klinikum Saarbrücken wurde Henri auf die kinderkardiologische Station der hiesigen Uniklinik Homburg verlegt. Zwischen Entlassung und der ersten großen OP in Homburg war Henri nur wenige Wochen zu Hause. Weil die Sauerstoffwerte zusehends schlechter wurden, war bald klar, dass der eigentlichen Korrektur-OP eine Blalock-Taussig-Anastomose vorgeschaltet werden musste. Die Pulmonalis war mittlerweile so eng, dass nicht mehr genügend Blut in die Lunge gelangte. Gleichzeitig nahm die Muskelmasse des rechten Ventrikels aufgrund der ständigen Überbelastung zu. Nach erfolgreicher OP im November 2002 konnte mehr Blut in die Lunge gelangen und nachdem die postoperativen Klippen erfolgreich genommen waren, ging es Henri zunächst einmal deutlich besser - er  brauchte keinen Sauerstoff mehr!

 

Mai 2003: Henri geht es schlechter

Im Mai 2003 (Henri war knapp 9 Monate alt) wurde die Situation innerhalb weniger Tage so kritisch, dass mit der Korrektur-OP nicht mehr lange gewartet werden konnte. Selbst 2,5 l Sauerstoff halfen nicht mehr ... Die Pulmonalis war so eng, dass sie kaum noch Blut in die Lunge durchließ. Familie, Freunde und die Mitglieder des Herzkinderforums erinnern sich an meine Not in den Wochen vor dieser OP ...  meine Angst um Henri und die große Sorge, bei der Wahl der Klinik, wo er operiert würde, möglicherweise einen fatalen  Fehler zu machen. Über den Homburger Herzchirurgen Prof. Schäfers hatten wir viel Gutes gehört, sowohl von Eltern als auch von Medizinern - insbesondere unser Kinderarzt schätzte dessen Arbeit sehr. Zur Wahl stand aber auch Sankt Augustin, das renomierte Kinderherzzentrum. Diese Klinik wurde uns vor allem von den Mitglieder des Herzkinderforums empfohlen. Die Entfernung der Klinik war für mich selbst nie ein Thema - Henri sollte leben und ich wäre mit ihm bis ans Ende der Welt gefahren, wenn ich nur jemanden gefunden hätte, der mir sein Überleben versprochen hätte.

Mai 2003 - 2 Wochen vor der lebensrettenden Operation

In der letzten Woche vor der Operation - Ende Mai- ging es dann plötzlich ganz schnell. Nach einem persönlichen Gespräch mit Prof. Schäfers hatte ich etwas Mut gefasst. Jedoch waren wir noch immer unsicher, wo wir Henri operieren lassen sollen. Um zu einer Entscheidung zu kommen, war noch ein Gespräch mit Prof. Asfour aus Augustin geplant- wir hatten bereits zweimal telefoniert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Juni 2003 - der Tag vor der Operation

Der Tag vor dieser ersten großen Operation und die folgenden waren die schlimmsten Tage meines und unseres Lebens. 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

2. Juni 2003: Erste große Herz-Operation

Die Korrektur des AV-Kanals war wohl noch der einfachste Teil der Operation. Unter der OP zeigte sich jedoch, dass Henris Pulmonalarterie so eng ist, dass sie nicht - wie eigentlich geplant und sonst üblich - mit einem Patch erweitert werden konnte. Es blieb keine Wahl als an deren Stelle ein Conduit, ein "Ersatzstück" in Form einer Rinderhalsvene einzupflanzen, die fortan die Funktion von Henris eigener Pulmonalis übernehmen sollte. Darüber hianus machte die Enge des rechten Ventrikels die Anlage einer sog. Glenn-Anastomose nötig. Ziel war, den viel zu kleinen rechten Ventrikel in seiner Funktion, das gesamte sauerstoffarme Blut in die Lunge zu pumpen, zu entlasten. Hierzu wurden die beiden oberen Hohlvenen, die normalerweise in die rechte Herzkammer münden, direkt mit dem Pulmonalstamm verbunden. Von nun an hatte der rechte Ventrikel nur noch die Hälfte des verbrauchten Bluts zu pumpen, die andere lief von den oberen Hohlvenen ohne „Umweg“ über das Herz direkt in die Lunge.

 

 

3. Juni 2003 - ein Tag nach OP

 

Er lebt und ist auf einem guten Weg... die vielen Zugänge und Kabel sind soo unwichtig...

 

 

Henris Brustkorb wurde nach dieser großen Operation noch für ein paar Tage offen gelassen und auf den erlösenden Satz "er ist stabil" mussten wir lange warten...  "kritisch, aber nicht hoffnungslos" hieß es unmittelbar nach Ankunft auf der Kinderintensivstation …

 

Aber irgendwann war es dann endlich soweit und Henri außer Gefahr - die paar Wochen Intensiv-Zuschlag wegen Chylo-Thorax waren nicht wirklich belastend.

Juni 2003 - Erstes Wiedersehen der Familie

Was für ein Tag!

 

 

30. Januar 2008: Zweite Herz-OP

 Großer Wermutstrofen nach der ersten großen Herz-Operation: Da das eingesetzte Conduit nicht wie ein eigenes Organ mitwächst, war es nur eine Frage der Zeit bis es durch ein größeres ersetzt werden musste. Die Gewissheit, dass Henris zweite Operation am offenen Herzen ansteht, hatten wir im Sommer 2007 – nur 4 Jahre nach der ersten Operation. Nicht nur die Größe des Conduits passte nicht mehr - Echo, Herzkatheter und MRT zeigten auch eine starke Verkalkung der eingesetzten Rinderhalsvene. 

Nach Monaten und Wochen, in denen ich kaum einen klaren Gedanken fassen konnte, weil mir das Bevorstehende schier unerträglich schien und ich das Allerschlimmste befürchtete, war es dann am 30. Januar 2008 soweit.

Prof. Schäfers vergrößerte den Durchmesser des Conduits mit einer Erweiterungspalstik aus Pericard. Die gute Nachricht nach der Operation: Der rechte Ventrikel hatte sich - wie nach den Voruntersuchungen von den Ärzten schon vermutet - tatsächlich vergrößert und war dadurch leistungsfähiger geworden. Deshalb wurde im Zuge dieser OP eine der beiden oberen Hohlvenen wieder an den rechten Ventrikel angeschlossen, so dass fortan nur noch ein geringer Teil von Henris Blut nicht mehr vom Herzen gepumpt wurde.

Henri hat diese OP sehr gut verkraftet - niemand hatte mit einem solch komplikationslosen Verlauf gerechnet. Soo viele erleichterte Blicke auf Intensivstation … Das erlösende "stabil" kam dieses Mal schon kurz nach der Operation und von da an gab nur noch positive Nachrichten. 10 Tage nach der Operation wurde Henri am 8. Februar 2008 pünktlich zu Maries 13. Geburtstag am 8. Februar entlassen.

1. Februar 2008 - 2 Tage nach der zweiten Herz-OP

Er ist stabil!

 

2. Februar 2008 - drei Tage nach OP

Wiedersehen mit Marie und Elias!

 


8. Februar 2008

Abschlussuntersuchung bei Henris Lieblingsärztin Frau Dr. Baan

8. Februar 2008

Abschluss-Ultraschall bei Prof. Abdul-Khaliq


Unser Dank gilt Herrn Prof. Abdul-Khaliq und seinen engagierten MitarbeiterInnen, die Henri im Laufe der Jahre richtig lieb gewonnen hat -  nicht nur für die kompetente Behandlung, sondern auch dafür, dass sie uns Eltern in schweren Zeiten unterstützt und uns Mut gemacht haben. Ganz besonders danken wir unserem lieben Herrn Dr. Schwarz - einem Spitzen-Oberarzt, von dem Henri seit jeher fast nur mit "Sir Henri" und "großer Meister" angesprochen wird :-) Ein Mediziner, der es schafft, mich zum Lachen zu bringen, auch wenn mir das Lachen eigentlich längst vergangen ist.

 

4.September 2009: Herzkatheter

Ein gutes Jahr später - im Frühjahr 2009 – stand wieder eine Herzkatheteruntersuchung an. Dem Ultraschall nach zu urteilen hatte der Druck im rechten Ventrikel im Laufe der 1,5 Jahre nach OP wieder zugenommen. Mit Hilfe der Katheteruntersuchung wollten sich die Ärzte ein genaueres Bild über Druck- und Flussverhältnisse im Herzen machen als dies durch ein Herzecho möglich ist. Außerdem sollte mit dem Katheter auch die wieder deutlich verengte Pulmonalis mittels Ballondilatation aufgedehnt werden. Auch wenn ich Sinn und die Notwendigkeit einsah... es fiel mir schwer, mich für einen "geeigneten" Termin zu entscheiden ... vor dem Urlaub ist nicht gut, kurz nach dem Urlaub ist nicht gut, nach Beginn des Kindergartens ist nicht gut... ach, Herzkatheter ist nie gut! Und so entschieden wir uns dann für den 4. September 2009. Während unserer Ferien in Frankreich gab es keinen Tag, an dem ich nicht an den anstehenden Termin gedacht habe ... erst als es dann soweit war, wurde ich ruhiger. Wie sehr doch all die Formalitäten, die Voruntersuchungen und die Blutentnahme am Aufnahmetag ablenken können … nicht zu vergessen auch ein paar wohl dosierte Scherze unseres lieben Dr. Schwarz...

Henri hat die Katheteruntersuchung gut überstanden und ich war (wieder einmal) so erleichtert. Die Ballondilatation war leider weniger erfolgreich … um im Bild zu sprechen: Es muss so gewesen sein, als würde man einen leicht geknickten Schlauch durch einen Luftstoß kurz aufrichten … ist die Luft erst entwichen, geht der Schlauch wieder in seine ursprüngliche Form zurück.

Nun aber zur guten Nachricht ;-) Der rechte Ventrikel ist mittlerweile normal groß und das ist wie ein kleines Wunder: Vor der ersten OP war de rechte Ventrikel noch so klein, dass unklar war, ob er überhaupt je irgendeine Pumpfunktion übernehmen könne. Während der zweiten Operation stellten die Ärzte fest, dass dieser deutlich gewachsen war. Dass er jetzt normal groß ist, gibt für die nächste OP die Option, auch die zweite, die linke obere Hohlvene wieder an den rechten Ventrikel anzuschließen.

Henris größte Sorge während des Klinikaufenthalts war der Verband, unter dem ihm bei Aufnahme unter allergrößtem Protest der Zugang gelegt worden war... vorbei sind die Zeiten, als ich ihn noch mit dem dreistrophigen "Hänschen Klein" oder "Klein Häslein wollt spazieren gehen" ablenken konnte... Jedem, der sich seinem Bettchen näherte, hat er den Verband gezeigt und dabei herzerweichend immer die gleichen 2 Sätze gesprochen: "Bann, weh tan, limm!" oder auffordernd "Bann ab!"

Aber als es dann endlich soweit war, wehrte er sich mit Händen und Füßen gegen die Schere und die Befreiung ... noch heute, mehr als eine Woche später, genießt Henri weiterhin die Mitleidsbekundungen, wenn er auf das Händchen zeigt und dabei "weh tan, limm" sagt ;-)

 

6. September 2009

So rührend war das erste Wiedersehen unserer beiden Kleinen nach dem Herzkatheter: Amelie rannte auf Henri zu und nahm ihn ganz fest in die Arme... eine Minute später mussten die beiden die Szene für Mamas Kamera noch einmal wiederholen ... auch wenn Henri die Umarmung der kleinen großen Schwester nicht mehr so genoss wie beim ersten Mal :-)

 

6. Februar 2012: Und hier kommt sie nun, die Fortsetzung von Herzkind Henri. Fast genau vier Jahre nach Henris letzter Herz-Operation, ist der Austausch des Conduits (der "klappentragenden Flickenplastik", wer weiß ?) nicht mehr hinauszuschieben. Aufgrund der offenbar langgestreckten Engstelle in der Pulmonalis liegt der Druck an der Pumonalklappe mittlerweile bei geschätzten 110 mm Hg. Die letzten drei Jahre, also bereits ein Jahr nach Henris letzter OP lag er bei ca. 80 mm HG... normal sind 50 ;-(

Am 20. Februar werden wir uns auf den Weg ins Kinderherzzentrum Sankt Augustin machen, wo Henri am 23. Februar von Professor Asfour operiert wird. Vermutlich wird ihm anstelle der Pulmonalarterie ein Homograft eingesetzt - die Haltbarkeit soll besser sein als bei den Contegra-Conduits. Grundsätzlich bestände auch die Möglichkeit, eine sogenannte "mitwachsende Pulmonalarterie" einzusetzen - eine von menschlichen oder tierischen Zellen vollständig befreite ("gerippte") Arterie, die sich mit körpereigenem Zellmaterial besiedeln, dann als körpereigen akzeptiert werden könnte. Für dieses hier nur sehr verkürzt beschriebene und relativ neue Verfahren gibt es bisher noch keine Langzeitstudien - letztendlich ist noch nicht geklärt, ob diese Teile tatsächlich mitwachsen oder nicht vielleicht "ausleiern" und nur scheinbar gewachsen sind... Es klingt so verlockend und dennoch: Dieses Verfahren wird auch in Sankt Augustin nur angewendet, wenn es dem Chrirurgen unter der OP als dem Homograft überlegen erscheint. Auch wenn es so schön wäre, wenn man die Frage, ob dies nun die letzte Operation am offenen Herzen  war, mit einem klaren JA! beantworten könnte: DIE Lösung zur Korrektur angeborener Herzfehler scheint es (noch) nicht zu geben.

 

 

20. Februar bis 2. März 2012: Herz-Operation im Kinderherzzentrum Sankt Augustin

In der Zeit vor und nach der Herz-OP in Sankt Augustin habe ich auf www.der-kleine-henri.de ein online-Tagebuch geführt. Jeden Abend habe ich von der Oase aus das Neueste aus Sankt Augustin berichtet.

Das Tagebuch findet ihr hier.

Aufnahme, Herzkatheter und Operation verliefen ohne Komplikationen: Als Henri auf die Intensivstation  verlegt wurde, war er bereits extubiert. Während er dort noch medizinisch versorgt wurde, hatten wir bereits ein Gespräch mit Prof. Asfour, in dem er uns über den Verlauf und Erfolg der OP sowie auch die weitere Prognose informiert hat: Zunächst einmal wurde die seit der ersten Operation 2003 mit der linken Pulmonarterie verbundene obere linke Hohlvene durchtrennt und vernäht. Das Blut dieser Seite fließt nun über die Vena Hemiazygos in den rechten Vorhof - der zur Entlastung des rechten Ventrikels angelegte Glenn ist nun vollkommen rückgängig gemacht. Take down nennen die Mediziner diese Rücknahme des Glenn und im Abschlussgespräch erfahren wir, dass es selbst in Sankt Augustin im Jahr nur etwa 2 Patienten gibt, bei denen ein Glenn zurückgenommen werden konnte. (Und so darf man den alten Homburger Spruch "Bei Henri weiß man nie..." dieses Mal richtig positiv interpretieren ;-)

Im weiteren OP-Verlauf wurde die zu klein gewordene und verkalkte "klappentragende Flickenplastik"(eine Art aus Pericard gebasteltes Conduit) entfernt und und durch ein Rindervenen-Graft mit einem Durchmesser vom 20 mm ersetzt.

Nach Einschätzung von Prof. Asfour sollte es Henri nach dieser OP die nächsten Jahre erst einmal gut gehen. Da die rechte Pulmonalarterie sehr eng ist (und nun im Verhältnis zum neuen Conduit noch enger), muss mittelfristig auch eine Korrektur dieser Engestelle in Betracht gezogen werden. Die Ärzte meinen (und wir hoffen), dass man dort in ein paar Jahren mittels Herzkatheter einen Stent einsetzen könnte.

 

Am Tag der Operation und am Tag danach ging es Henri erst einmal außergewöhnlich gut - wir konnten kaum glauben, dass er nach Michel aus Lönneberga verlangt hat und sich die DVD noch auf Intensiv angeschaut hat, als wäre nichts gewesen... unglaublich.

24. Februar 2012

Henri schaut Michel

Nicht mal ein Tag ist seit der großen Herz-Operation vergangen und Henri verlangt nach seiner Mama-Mia-CD und Michel aus Lönneberga. Die erste Nacht auf der Intensivstation hatte surreale Züge ... 

 

Im Nachhinein kennen wir den Grund für diese Hochstimmung... Morphin... unglücklicherweise wurde es genau zu dem Zeitpunkt abgesetzt, als sich bei Henri am Abend des ersten postoperativen Tages ein Pleuraerguss gebildet hatte. Plötzlich und wie aus heiterem Himmel bekam Henri so große Schmerzen, dass er nur noch lauthals geschrien hat. Nachdem das Problem erkannt war, haben die Ärzte am späten Abend des ersten postoperativen Tags eine Pleuradrainage gelegt. Weil er so geschrien hat, war das nur unter Propofol möglich. Auf dieses Narkosemittel hat er mit einer Atemlähmung reagiert, was für uns Eltern sehr besorgniserregend aussah. Erst später haben wir erfahren, dass eine solche Lähming eine normale Reaktion sein kann.  Da er also nicht mehr richtig atmete, wurde er mit Hilfe eines Blasebalgs "gebeutelt". Kaum war er darüber hinweg, wartete schon die nächste Komplikation: Die Pleuradrainage zog einen Pneumothorax nach sich. Daher wurden seine Schmerzen zunächst nicht besser, sondern schlimmer :-( Henri schrie wieder und unter einem neuen Narkosemittel bekam Henri die zweite Pleuradrainage des Abends. Dieses Mittel macht zwar keine Atemlähmung, dafür sieht der Narkotisierte einen mit offenen Augen an und bekommt dennoch nichts mit von all dem, was ihn umgibt, ... gruselig und verstörend war dieser Anblick... richtig schlimm waren auch die nächsten Tage, an denen Henri nicht nur mit seinem Pleuraerguss zu kämpfen hatte, sondern auch von durch die Pleuradrainage verursachten übergroßen Schmerzen gepeinigt war, die nur durch eine Kombination starker Schmerzmittel in Höchstdosierung erträglich waren. 

 

26. Februar 2012

Henri leidet. Der Pleuraerguss und die Pleura-Drainage verursachen so große Schmerzen, dass er oft laut schreit. Wir stehen hilflos daneben - er lässt sich nicht beruhigen. Bei der Dosierung der Schmerzittel ist er immer am oberen Limit. 

 

Am fünften postoperativen Tag, durfte die Drainage dann endlich raus und innerhalb weniger als eines Tages brauchte Henri KEINE Schmerzmittel mehr ;-)

 

27. Februar 2012

Endlich geht es aufwärts! Der Pleuraerguss ist deutlich zrückgegangen und bei Henri kehrt der Schalk zurück :-)

 

29. Februar 2012

Mit dem Buggy fahren wir Henri zum ersten Frühstück außerhalb des Betts ... Ihm schmeckts :-)

Eine Stunde später steht er plötzlich wie selbstverständlich aus dem Bett auf. Ein Meilenstein!

 

Dann ging alles ganz schnell... Henri ging es soo gut und da nicht nur Henri und wir, sondern auch die Kardiologen dieser Meinung waren, durften wir am neunten postoperativen Tag nach Hause.

 

2. März 2012

Der Koffer ist gepackt, die letzten Fäden sind (unter großem Protest!) gezogen und wir machen uns auf den Nachhauseweg.

Tschüs, Sankt Augustin und danke für alles!

 

 

Die Nachunteruntersuchung bei Prof. Abdul-Khaliq in der Kinderkardiologie der Uni-Klinik Homburg bestätigte die Einschätzung der Kardiologen aus Sankt Augustin. Eine weitere Operation am offenen Herzen sollte Henri aufgrund des relativ großen Durchmessers des Conduits einige Jahre erspart bleiben. Problem bleibt insbesondere die rechte Pulmonalarterie, deren Enge mittelfristig durch einen Stent mittles Herzkatheter behoben werden soll.

 

 

16./17. November 2012: eine lange Nacht im Kohlhof

Eigentlich war es nur eine Paukendrainage - zum fünften Mal neue Röhrchen, weil selbst die sog. Dauerrörchen in Henris Ohren nicht so sitzen, wie sie sollten, sich immer wieder lösen und dann aufgrund neuer Paukenergüsse ersetzt werden müssen.

Nach der OP im Städtischen Krankenhaus in Neunkirchen sollte Henri - wie auch schon beim letzen Mal - in der Kinderklinik Kohlhof überwacht werden. Es erstaunte und verunsicherte mich, dass Henri schon den Tag über maximal 2 Stunden am Monitor war. Am Abend wurden die Elektroden erst spät und nach mehrmaligen Bitten angeschlossen. Kaum war Henri verkabelt, hatte ich wieder dieses schlechte - von Herz-OPs sehr vertraute - Bauchgefühl. Nach Anschluss an den Monitor lag Henris Herzfrequenz (im wachen Zustand) nur knapp über 40 - was mich beunruhigt hat, weil mir bis dahin nicht bekannt war, dass Henris Puls manchmal derart tief ist. Das Pflegepersonal war dagegen der Ansicht, dass das "wahrscheinlich (!) normal ist", "er ist ja am Tag auch nur bei 60". Außerdem sei er während der OP auch unter 40 abgefallen .... eigentlich nicht unbedingt ein Grund zur Entwarnung...?

Aufgrund der niedrigen Herzfrequenz wurde der Grenzwert auf dem Monitor entsprechend angepasst - Alarm gab es nur noch bei Werten unter 40. Kaum hat Henri still gelegen, fiel die HF auch schon weiter ab und der Monitor gab immer wieder Alarm... bis die Nachtschwester meinte, sie stelle jetzt den Grenzwert auf 35 Schläge/Minute ... "sonst können Sie nicht schlafen" (!)... Diese Maßnahme hat mich nun ganz und gar nicht ruhiger schlafen lassen, zumal der Monitor im Laufe der weiteren Stunden immer weiter Alarm gab, teils mit Notfall-Ton, der nur bei erheblichen Abweichungen vom eingestellten Grenzwert ertönt. In Henris Fall lag die Herzfrequenz bei Ertönen des Alarms bei maximal 30 Schlägen/Minute. Ich war sehr beunruhigt und konnte das stufenweise Reduzieren des Grenzwerts ganz und gar nicht nachvollziehen - immerhin war Henri zur Überwachung stationär. Auf mein Drängen verständigte die Nachtschwester dann doch irgendwann die diensthabende Ärztin, die ihrerseits umgehend eine zweite Ärztin hinzurief, die wiederum - bevor die dritte Ärztin aus dem Bereitschaftsdienst gerufen wurde - ein EKG und eine Blutentnahme anordnete. Da beides unauffällig war und  aufgrund der Einschätzung der dritten Ärztin hatten wir in den frühen Morgenstunden dann doch noch noch etwas Nachtruhe. 

Nach Entlassung bin ich am nächsten Morgen mit Henri in die Kinderkardiologische Ambulanz nach Homburg gefahren, um eine mögliche Bedrohung durch derart niedrigen Frequenzen zu klären. Dr. Schwarz gab mir die Auskunft, die ich schon in der Nacht im Kohlhof gebraucht hätte, um mit der Situatiom besser umgehen zu können. Eine HF von 30 ist im Schlaf nicht unbedingt kritisch - vorausgesetzt, sie geht wieder hoch und die Aussetzer sind nicht zu lang... in diesem Falle müsste Henri einen Herzschrittmacher bekommen. Glücklicherweise stand direkt Langzeit-EKG zur Verfügung und am Tag darauf kam nur kurze Zeit nach Rückgabe des Geräts der Anruf, der mich erst einmal hat aufatmen lassen. Henris Puls fällt zwar tatsächlich immer wieder auf Werte um die 30 ab - er geht aber auch schnell wieder hoch...also: kein Schrittmacher, zumindest besteht in der aktuellen Situation keine Indikation :-)!!! Im Juni wird zur Kontrolle ein weiteres Langzeit-EKG gemacht und natürlich hoffen wir, dass es das jetzige bestätigt.

17. November 2012: Nach der Paukendrainage

Noch ist alles im grünen Bereich ...

Nach einer ordentlichen Mahlzeit war Henri noch soo hungrig, dass er - mangels Pudding-  sogar Apfelschmitzen gegessen hat :-) Glücklicherweise war gerade auch Klinikclown Pompo zur Stelle ... er könne Hunger wegzaubern, sagte er, und deshalb hat Henri ihn auch mit auf's Zimmer genommen. Natürlich habe ich auch mein Versprechen eingehalten, was mir Henri schon seit Wochen, immer wenn es um die bevorstehende OP ging, abverlangt hat: Michel gucken!